Im größten Saal des Heilbronner Landgerichts ist es eng geworden, seit sich dort acht Angeklagte wegen des professionellen Anbaus von Drogenpflanzen verantworten müssen. Foto: Harald Zigan
Heilbronn. Das Landgericht Heilbronn tut sich schwer mit einem Drogenprozess, für den 40 Verhandlungstage anberaumt sind. Ob es am 12. Januar 2012 tatsächlich ein Urteil gibt, lässt sich noch nicht absehen.
Der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann ist bekannt für seine Geduld. Davon braucht er jetzt besonders viel. Vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Heilbronn sind sieben Vietnamesen und ein Deutscher aus Hildesheim wegen Drogenhandels in großem Stil angeklagt.
Der Aufwand des Prozesses ist immens: Bis zum 12. Januar 2012 sind 40 Verhandlungstage anberaumt; die acht Angeklagten lassen sich von 16 Rechtsanwälten verteidigen; drei Dolmetscher übersetzen jedes Wort; um keine Unterbrechung wegen Erkrankungen zu riskieren, sind neben drei Berufsrichtern und zwei Schöffen, eine Ergänzungsrichterin und zwei Ersatzschöffen aufgeboten. Zwei Staatsanwälte vertreten die Anklagebehörde. Wie viele Zeugen gehört werden, hängt vom Verlauf der Hauptverhandlung ab.
Schon der Auftakt letzten Freitag hat nicht geklappt. Zuerst monierten Anwälte die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Besetzung des Gerichts, dann kollabierte ein Schöffe. Norbert Winkelmann musste auf den gestrigen Dienstag vertagen, noch ehe überhaupt die Anklageschrift verlesen werden konnte.
Auch gestern kam das Gericht nur schwer in die Gänge. Die Verteidiger stellten erneut mehrere Anträge, über die die Kammer zu entscheiden hatte. Erst am Nachmittag griff die Staatsanwältin zu ihren Anklagedokumenten. Der Prozess wird am 15. April fortgesetzt.
Den acht Angeklagten wird Drogenhandel in großem Stil zur Last gelegt. Sie sollen an mehreren Orten - darunter in Langenburg (Kreis Schwäbisch Hall), Kupferzell (Hohenlohekreis) und Oberwittighausen (Main-Tauber-Kreis) - Hanfplantagen betrieben haben. Zum Anbau von Cannabis hatten sie nach Überzeugung der Polizei zusammengefunden, "um eine Einnahmequelle von einiger Dauer und beträchtlichem Umfang zu erschließen". Als die Handschellen klickten, sackten die Ermittler rund 140 Kilogramm Marihuana mit einem Verkaufswert von rund 1,4 Millionen Euro ein - was wohl nur die Spitze eines Hanfbergs gewesen sein dürfte. Die kriminellen Geschäfte wurden offenbar von Kupferzell und Stuttgart-Zuffenhausen aus gesteuert.
Die Hanfpflanzer waren ins Visier von Drogenfahndern des Landeskriminalamtes und des Zolls geraten. Die Observationen der meist abseits gelegenen Gebäude dauerten mehrere Monate. Dabei war auch ein Hubschrauber im Einsatz. Die Telefone der Tatverdächtigen wurden abgehört, die Protokolle füllen mehrere tausend Seiten.
Mit dem Anbau will der angebliche Kurier der Männer - ein 36 Jahre alter Deutscher - nichts zu tun gehabt haben. Seine sieben schweigsamen Komplizen im Alter von 22 bis 41 Jahren stammen aus Nordvietnam. Einige waren, wie der mutmaßliche Drahtzieher Xuan N. (39), als Arbeiter in die damalige DDR gekommen.
Weitere Mitglieder der Drogenbande sind bereits verurteilt worden. Das Landgericht Ellwangen schickte im November 2010 zwei Vietnamesen für drei und vier Jahre ins Gefängnis. Sie hatten ein Wohnhaus in Langenburg-Atzenrod mit Hanftöpfen vollgestellt. Das Landgericht Mosbach hielt im Januar eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren für angemessen, nachdem zwei Vietnamesen eine frühere Dorfwirtschaft in ein Cannabisgewächshaus verwandelt hatten.