13.10.2010 - Würzburg Verzögerung im Prozess gegen die mutmaßlichen Köpfe einer elfköpfigen Bande von vietnamesischen Marihuana-Züchtern: Noch vor der Verlesung der Anklage rügte die Verteidigung am Dienstag mit Erfolg die Besetzung des Würzburger Gerichts.
Die fünfte Strafkammer des Landgerichts wollte in kleiner Besetzung mit nur zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen in den Prozess gehen, für den bereits jetzt 20 Verhandlungstage geplant sind. Verteidiger Klaus Spiegel berief sich bei seiner Rüge auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: »Wegen des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache sind drei Berufsrichter zwingend erforderlich.« Jetzt wird der Prozess am Freitag mit drei Berufsrichtern fortgesetzt.
Dem vietnamesischen Ehepaar auf der Anklagebank wird vorgeworfen, als Chefs einer elf Mitglieder zählenden Bande für die Aufzucht und den Verkauf von Marihuana in großem Stil verantwortlich zu sein.
Der 38-jährige Gastwirt und seine 41-jährige Ehefrau sollen im Raum Würzburg mehrere Fabrikhallen und Häuser gemietet und dort professionelle »Indoor-Aufzuchtanlagen« mit Wärmelampen und Bewässerungssystemen eingerichtet und betrieben haben.
Als die Polizei im September 2009 bei einer Razzia die Objekte aushob, wurden 160 Kilogramm Marihuana in verschiedenen Stadien der Produktion sichergestellt. Den Straßenverkaufswert schätzen die Ermittler auf 1,5 Millionen Euro.
Die Verteidigung will laut Spiegel eine möglichst niedrige Strafe erreichen. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft gehen Spiegel und sein Kollege Timo Fuchs davon aus, dass die beiden Angeklagten nicht selbst auf die Idee kamen und auch nicht die finanziellen Mittel hatten, die riesigen Anlagen einzurichten und zu betreiben. Vielmehr sei das Ehepaar von europaweit agierenden Tätern aus dem Bereich der organisierten Kriminalität angeworben wurden, um die Marihuana-Aufzucht im Raum Würzburg zu organisieren.
Spiegel sieht einen Zusammenhang mit einem Strafverfahren gegen eine vietnamesisch-tschechische Tätergruppe, gegen die seit Anfang Oktober wegen professionellem Marihuana-Anbaus vor dem Landgericht Hof verhandelt wird.
Patrick Wötzel
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