"Hèn mà còn nhận ra mình là thằng hèn, là hèn tử tế. Hèn mà ngậm miệng ăn tiền là hèn nhơ bẩn.
Hèn mà ngậm máu phun người là hèn bất nhân. Hèn bán đất bán nước thì trời tru đất diệt"
(Phạm Chuyên)

Montag, 9. Mai 2011

Ihr feigen Deutschen!

Der Massenmörder Osama Bin Laden ist zur Strecke gebracht – und wir sind Weltmeister im Moralisieren. Anti-Amerikanismus inklusive. Eine Abrechnung von Henryk M. Broder

Tucholsky hat einmal gesagt: „Nie geraten die Deutschen so außer sich, wie wenn sie zu sich kommen wollen.“ Churchill hat's noch gemeiner formuliert: „Man hat die Deutschen entweder an der Gurgel oder zu Füßen.“ Schaut man sich um, was derzeit in Deutschland geredet, geschrieben und gesendet wird, muss man zugeben: Sowohl der deutsche Satiriker wie der britische Politiker haben schamlos untertrieben.

Anti-Amerikanismus Die Hysterie der vergangenen Tage hat nebenbei auch ein tot geglaubtes Gespenst wiederbelebt, den guten alten Antiamerikanismus
Viele Deutsche leiden nicht nur unter wetterbedingten Stimmungsschwankungen; sie sind manisch depressiv, und das in einem Ausmaß, das auf eine Unheilbarkeit des Leidens hindeutet.
Oder um den Churchill-Satz zu variieren: Die Deutschen sind entweder für den totalen Krieg oder den totalen Frieden; die „Exportweltmeister“, die „Weltmeister der Herzen“ sind auch Branchenführer im Moralisieren. Aber die Moral, die sie produzieren, ist das reine Gewissen resozialisierter Gewalttäter, die ihre Strafe verbüßt, „die Lehren aus der Geschichte gelernt“ haben und nun einer „Friedfertigkeit“ verfallen sind, die sie in Form unterlassener Hilfeleistung pflegen. 

Dabei tun sie so, als wären sie überzeugte Pazifisten, sie gehen mit einem Zitat von Carl von Ossietzky schlafen und wachen mit einem Gedanken von Mahatma Gandhi auf. Aber sie sind keine Pazifisten, sondern nur faul, feige und passiv-aggressiv. Vom ständigen Gefühl der eigenen Unterlegenheit geplagt, gönnen sie anderen keine Demonstration der Überlegenheit.

Die Deutschen nehmen es übel, wenn ein Führer sie enttäuscht

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Gewiss, es ist unfein, ganze Kollektive unter einen „Generalverdacht“ zu stellen, aber hierbei handelt es sich nicht um einen „Verdacht“, sondern um handfeste Empirie. Eine unendliche Geschichte, die mit der Niederlage/Kapitulation 1945 begann und seitdem fortgeschrieben wird.

Die Hysterie der vergangenen Tage hat nebenbei auch ein tot geglaubtes Gespenst wiederbelebt, den guten alten Antiamerikanismus. Eben erst war Barack Obama das Gesicht des neuen Amerika, eine Stimme der Vernunft, ein Mann des Ausgleichs. Heute ist er „nicht besser als Bush“ – ja, wenn die Deutschen etwas nicht abkönnen, dann dies: von einem Führer, dem sie vertraut haben, enttäuscht zu werden. Sie nehmen übel, und zwar nachhaltig. 

So bricht in Deutschland eine Debatte über das Völkerrecht aus, wenn die Amis einen Massenmörder zur Strecke bringen, ohne ihn vorher darüber aufzuklären, dass alles, was er sagt, gegen ihn verwendet werden kann. Wenn aber ein Kinderschänder, der seine Strafe verbüßt hat, nicht in Sicherungsverwahrung genommen, sondern entlassen wird, bildet sich sofort eine Bürgerinitiative, die von der Polizei mit viel Mühe davon abgehalten werden muss, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen. 

Denn dabei handelt es sich nicht um einen Fall von Menschen- oder Völkerrecht, sondern um den Erhalt des dörflichen Idylls im Hunsrück oder in der Eifel, jedenfalls um ein Stück Lebensqualität, etwas, wovon die Amis, wie man schon an ihren Essgewohnheiten erkennt, sowieso keine Ahnung haben. Denen geht es nur um Geld, Macht und Profit.

Die Megawelle des Mitgefühls

Und während die meisten Deutschen vom Schicksal der über 1000 Opfer des DDR-Grenzregimes, die bei dem Versuch, über eine Mauer oder einen Zaun zu klettern, tot umgefallen sind, nichts mehr wissen wollen, löst das vorzeitige Ableben eines Terroristen eine Megawelle des Mitgefühls aus. Jene haben sich quasi in den Tod gestürzt, dieser ist im Schlaf überrascht worden. Erschwerend kommt hinzu: Er war unbewaffnet, hatte sozusagen bereits abgerüstet. 

Ein WDR-Moderator empört sich: „Volksfeststimmung in Washington, jubelnde Menschen auf den Straßen, Euphorie in den Nachrichtenstudios: Nein, heute ist kein Heilmittel gegen Aids gefunden worden, keines gegen Krebs und kein Rezept für den Weltfrieden. Die Euphorie galt dem Tod eines 54-jährigen Familienvaters“ – der wahrscheinlich jeden Tag mit seinen Kindern „Die Reise nach Jerusalem“ gespielt, Hortensien gezüchtet, Sartre gelesen und seinen Frauen beim Abwasch geholfen hat.

Washington
Foto: REUTERS Autokorso und Fahnenjubel: Es sieht aus, als hätten die USA die Fußball-Weltmeisterschaft gewonnen, dabei bejubeln diese Bürger in der Hauptstadt Washington den Tod des Terrorfürsten Osama Bin Ladens.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag, dem zu dem Blutbad in Syrien bis jetzt nichts Relevantes eingefallen ist, verbreitet „zum Tod des angeblichen Al-Qaida-Führers Osama Bin Laden“ eine Pressemitteilung, in der es unter anderem heißt: „Wenn die Tötung eines Menschen, wie groß auch seine Verbrechen sein mögen, von westlichen Politiker/innen mit ,Erleichterung' aufgenommen und gefeiert wird, begeben sie sich auf das Niveau derjenigen Terroristen, denen ein Menschenleben nichts wert ist.“

Hätte man Bin Laden auch vor Gericht stellen können?

Jörg Schönenborn stellt in den „Tagesthemen“ eine Frage und liefert sogleich eine Antwort: „Was ist das für ein Land, das eine Hinrichtung derart bejubelt? Zivilisierte Nationen haben einst das Völkerrecht geschaffen. Sie verständigten sich darauf, dass Verbrecher vor Gericht gestellt und nicht einfach getötet werden.“ 

Schönenborn, der sonst Umfragen erklärt, vergisst zu erwähnen, dass es in allen Ländern der Bundesrepublik Gesetze über den „finalen Rettungsschuss“ gibt, der die Ermittlungsarbeit verkürzt und die Strafzumessung erleichtert.

Heribert Prantl leitartikelt in der „Süddeutschen Zeitung“: „Bin Laden hat den Tod von Tausenden Menschen zu verantworten und er hat sich dessen gerühmt. Er ist, er war ein Erzverbrecher. Ist eine Exekution durch ein amerikanisches Militärkommando – so es eine solche war – deshalb eine gerechte Strafe?“ Nein, gewiss nicht. Eine gerechte Strafe wäre es, Osama Bin Laden dazu zu verdonnern, die Leitartikel von Heribert Prantl zu lesen. 

Volker Beck mahnt bei „aller Erleichterung“, die „Regeln des humanitären Völkerrechts“ an, die nicht vergessen werden dürfen. „Gezielte Tötungen im Rahmen eines Krieges sind völkerrechtlich zwar legal. Aber nur, wenn die Getöteten Beteiligte an bewaffneten Auseinandersetzungen waren und es kein milderes Mittel gab.“ 
 
„Wenn Osama Bin Laden durch einen Kopfschuss getötet werden konnte, dann muss die Frage erlaubt sein, ob man ihn nicht auch hätte festnehmen und vor ein rechtsstaatliches Gericht hätte stellen können.“ Wobei ihm die Grünen wahrscheinlich Hans-Christian Ströbele als Pflichtverteidiger zur Seite gestellt hätten.

"Eine glatte Verletzung der pakistanischen Souveränität"

Volker Herles, soeben von einer Reise aus Saudi-Arabien, der Heimat der Familie Bin Ladens, zurück und deswegen besonders sachkundig, erklärt im ZDF, mit Osama sei „eine Ikone des Terrors“, eine „Symbolfigur“ getötet worden. Sein Tod habe „atavistische Gefühlsstürme freigesetzt“.
 
„Wir sind peinlich berührt von einigen Jubelszenen in den USA, zeigen sie doch einen geradezu fundamentalistischen Glauben an das Böse.“ Während das ZDF die Pflege des Glaubens an das Gute betreibt, etwa auf dem hauseigenen „Traumschiff“.
Die Nachricht von der Tötung des Al-Qaida-Chefs Osama Bin Laden hat weltweit überwiegend erleichterte Reaktionen ausgelöst. Ein Überblick:

Exbundeskanzler Schmidt, der 1977 ein GSG-9-Kommando nach Mogadischu geschickt hat, um 86 Geiseln an Bord der entführten „Landshut“ zu befreien, sagt bei „Beckmann“, die Aktion der Amerikaner in Pakistan sei „ein Verstoß gegen das Völkerrecht“ gewesen; Peter Scholl-Latour beklagt „eine glatte Verletzung der pakistanischen Souveränität“, die offenbar zu den Werten gehört, die unter Einsatz aller Mittel verteidigt werden müssen – zugleich mit dem Gesetz über den unlauteren Wettbewerb. 
 
Martin Wenning-Morgenthaler, Sprecher der Neuen Richtervereinigung, die als fortschrittliche Alternative zum konservativen Deutschen Richterbund gegründet wurde, stellt im Namen seiner Organisation fest: „Der gewaltsame Tod eines Menschen ist immer ein Unglück. Statt den Tod eines Menschen ohne jegliche Skrupel zu begrüßen und damit die Barbarei auch bei uns einkehren zu lassen, sollten sich unsere Politiker daran erinnern, dass sich eine Zivilisation gerade dadurch auszeichnet, wie sie mit ihren Gegnern umgeht. Hier zeigt sich einmal mehr, dass der respektvolle Umgang mit dem Rechtsstaat in Zeiten des Anti-Terror-Krieges noch nicht einmal mehr ein Lippenbekenntnis ist.“

Die Schmach von 45

Es ist eine wunderbare Gelegenheit, den Amis das Wesen von „Barbarei“ und „Zivilisation“ zu erklären, den Unterschied von Rechtsstaat und Wildem Westen. Es den Cowboys und den Kulturbanausen da drüben heimzuzahlen für die Schmach von 45, die Entnazifizierung, die Umerziehung, für Hollywood, Mickey Mouse und Fast Food am Drive-in-Counter. Die sollen sich nicht so anstellen, die Amis, was sind schon 3000 Tote gegen die Verbrechen des Imperialismus? Oder auch nur die Verkehrstoten eines Jahres auf den Highways?
Allesversteher, die Selbstmordattentätern zugutehalten, dass sie gar nicht anders können, als sich in Zügen und Cafés in die Luft zu sprengen, ziehen plötzlich das Fünfte Gebot aus dem Kulturbeutel: „Du sollst nicht töten!“ Eine gute Idee, die leider im „asymmetrischen Krieg“ ein wenig gelitten hat. 

Andererseits wäre es schon spannend zu sehen, was die Experten für Moral und Völkerrecht gesagt hätten, wäre Bin Laden lebend gefasst worden. Hätten sie vorgeschlagen, den Prozess gegen ihn vor einem deutschen Gericht zu führen, so wie sie mutig zwei garantiert unschuldige Guantánamo-Häftlinge aufgenommen haben?
Hätten sie das Risiko von Geiselnahmen und Anschlägen in Kauf genommen, um die Unerpressbarkeit des Rechtsstaats zu beweisen? Oder hätten sie „Siegerjustiz!“ geschrien, so wie sie es im vergangenen Jahrhundert gleich zweimal getan haben?

Bis jetzt jedenfalls hat sich noch kein „Mescalero“ zu Wort gemeldet, um seiner „klammheimlichen Freude“ über das Ableben von Osama Bin Laden Ausdruck zu verleihen. Stattdessen Bekundungen einer ganz und gar nicht klammheimlichen Trauer über den „Tod eines Menschen“ und tiefe Betroffenheit über den fehlenden Respekt im „Umgang mit dem Rechtsstaat“. 

Allen voran die „Süddeutsche“, die allen Ernstes fragt, ob Osama „im Angesicht des Todes noch Zeit hatte, die Worte ,La ilaha illa allah' (Es gibt keinen Gott außer Gott) zu sprechen?“. Denn nur, wenn er das getan hat, könnten seine Anhänger sicher sein, dass er ins Paradies kommt – sonst ist bei der „SZ“ alles in Butter.

Das vulkanartige "deutsche Gemüt"

Es sind Szenen aus dem Tollhaus einer Moral, deren Verweser sich von der Wirklichkeit verabschiedet haben; sie wissen nicht einmal, wie sie „gewaltbereite Jugendliche“, die aus Frust Passanten ins Koma prügeln, befrieden sollen, aber im Völkerrecht, da kennen sie sich aus. 

Dass es immer die Täter sind, die an ihr Gerechtigkeitsempfinden rühren – Saddam Hussein, Gaddafi, Osama –, kommt wohl daher, dass die Täter sexy, deren Opfer aber kläglich sind. Die stürzen sich schon mal aus dem 100.Stock eines Hochhauses, nur weil sie Angst vor dem Tode haben, während edle Wilde wie Osama auch in heiklen Situationen mit Sätzen wie „Wir lieben den Tod mehr als das Leben“ Haltung beweisen. 

Vielleicht ist das Ganze aber auch viel einfacher. Tradition, Folklore und Osmose. So wie es eine „russische Seele“ gibt, die alle Revolutionen überlebt hat, gibt es auch ein „deutsches Gemüt“, das wie ein Vulkan funktioniert: Es grummelt vor sich hin, lockt Touristen, Naturfreunde und Tiefenforscher an. 

Und eines Tages, wenn alle meinen, der Vulkan sei längst erloschen, fängt der Berg an, Lava zu spucken. Obama hin, Osama her – der nächste Ausbruch kommt bestimmt. 

Quell: Welt.de