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Vizepräsident Suleiman hat bekannt gegeben, dass Präsident Husni Mubarak seinen Rücktritt erklärt hat. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo brachen Hunderttausende Demonstranten in Jubel aus. Ein Militärrat unter Führung von Verteidigungsminister Tantawi übernimmt die Amtsgeschäfte.
11. Februar 2011Der ägyptische Präsident Husni Mubarak ist nach Angaben seines Vizepräsidenten Omar Suleiman zurückgetreten und hat die Führung des Landes in die Hände der Streitkräfte gelegt. An dessen Spitze steht nach Angaben aus Militärkreisen Verteidigungsminister Mohamed Hussein Tantawi. Das Oberkommando der Streitkräfte werde Regierung und Parlament entlassen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Arabija. Der Militärrat wolle die Macht dann zusammen mit der Spitze des ägyptischen Verfassungsgerichtes ausüben.Wie zuvor Mubarak machten die Streitkräfte ein Ende der seit 1981 geltenden Notstandsgesetze von einem Ende der Proteste abhängig. Noch am Donnerstag hatte ein Armeegeneral auf dem Tahrir-Platz dagegen verkündet, „alle“ Forderungen der Demonstranten würden „bald“ erfüllt.
Mubarak hatte sich kurz zuvor nach Angaben des staatlichen Fernsehens in den Badeort Scharm el Scheich abgesetzt. Vorangegangen war abermals der Protest Hunderttausender Ägypter, die den Rücktritt Mubaraks forderten. Auf dem zentralen Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo tanzten und hüpften Hunderttausende Regimegegner unter ägyptischen Fahnen, wie Augenzeugen berichteten. Auf dem Platz kam es zu Verbrüderungen zwischen Demonstranten und Soldaten. „Das Volk hat das Regime gestürzt“, skandierten Demonstranten. Der frenetische Jubel hatte bereits während der kurzen Erklärung eingesetzt, mit der Suleiman im Staatsfernsehen den Rücktritt Mubaraks und die Übergabe der Macht an das Oberkommando der Streitkräfte bekanntgegeben hatte. Der Oppositionelle Mohamed El Baradei sprach vom „großartigsten Tag meines Lebens“.
„Er hat dem ägyptischen Volk einen letzten Dienst erwiesen“
Die Armeeführung hatte zuvor am Freitag eine Erklärung abgegeben, die dem Volk politische Reformen garantiert. Das Oberkommando kündigte an, den Weg zu freien und fairen Wahlen zu sichern. Der seit Jahrzehnten geltende Ausnahmezustand solle aufgehoben werde, sobald es die Situation erlaube. Kein friedlicher Demonstrant müsse Strafverfolgung fürchten.
Amerikas Präsident Barack Obama ist Medienberichten zufolge vom Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak am Freitag vorab informiert worden. Er sei am Morgen (Ortszeit) während einer Sitzung im Oval Office unterrichtet worden, wenige Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe, berichtete der Sender CNN weiter. Obama habe sich daraufhin die Ereignisse im Fernsehen angeschaut. Das Weiße Haus kündigte eine Stellungnahme in den kommenden Stunden an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak begrüßt und einen friedlichen Machtübergang angemahnt. „Präsident Mubarak hat mit seinem Rücktritt heute dem ägyptischen Volk einen letzten Dienst erwiesen“, sagte die Kanzlerin am Freitag in Berlin. Sie freue sich mit den Menschen in Ägypten, die zu Millionen auf die Straße gegangen seien. „Ich wünsche ihnen vor allen Dingen eine Gesellschaft, die ohne Korruption, ohne Zensur, ohne Verhaftung und Folter sein wird.“ Deutschland werde die Entwicklung in Ägypten nach Kräften unterstützen. „Am Ende dieser Entwicklung müssen freie Wahlen stehen.“ Auch müsse Ägypten seine Verträge mit Israel einhalten. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bekundete Mubarak ihren Respekt und rief zur Bildung einer breit gefassten Regierung auf.
Mubarak hatte in einer Fernsehansprache am Donnerstagabend noch seinen Rücktritt ausgeschlossen. Einige Kompetenzen übertrug er seinem Stellvertreter Suleiman, doch Mubarak behielt sich das Recht vor, das Parlament aufzulösen, das Kabinett zu entlassen und Verfassungsänderungen einzufordern. Erwartet worden war hingegen, dass er seinen Rücktritt bekanntgeben und die Amtsgeschäfte ganz auf Suleiman übertragen würde. Die Armee, die Präsidentenpartei und die amerikanische Regierung hatten das zuvor angedeutet. Unmittelbar nach Mubaraks Rede waren wütende Demonstranten zur Fernsehstation gezogen. Die Armee verstellte einem Protestzug den Weg zum Präsidentenpalast im Stadtteil Heliopolis, ging aber nicht gegen die Demonstranten vor.
Die wichtigsten Stationen im Leben des Husni Mubarak
4.05.1928 - Husni Mubarak wird im Dorf Kafr El-Moseilha in Unterägypten als Sohn eines Gerichtssekretärs geboren.
1947-1949 - Mubarak absolviert die ägyptische Militärakademie mit Auszeichnung und beginnt eine militärische Laufbahn.
1969 - Mubarak wird Stabschef der Luftwaffe
1972 - Oberbefehlshaber der Luftwaffe und stellvertretender Verteidigungsminister Oktober
1973 - Ägypten und Syrien greifen Israel an. Jom-Kippur- Krieg. Als „Held des Oktoberkriegs“ erhält Mubarak hohe Auszeichungen
1975 - Mubarak wird Vizepräsident unter Anwar el Sadat
17.09.1978 - Ägypten und Israel einigen sich in Camp David auf die Rahmenvereinbarungen für ihren Friedensvertrag
26.03.1979 - Ägypten schließt Frieden mit Israel und isoliert sich damit in der arabischen Welt. Der in Washington unterzeichnete Vertrag verpflichtet Israel zum Abzug von der Sinai-Halbinsel
06.10.1981 - Islamistische Attentäter ermorden Sadat während einer Militärparade. Mubarak steht als sein Vize neben ihm auf der Tribüne. Eine Woche später wird er offiziell Staatspräsident. Am Friedensvertrag hält Mubarak fest und bemüht sich zugleich um Wiederannäherung an die anderen arabische Staaten.
1984 - Wiederaufnahme Ägyptens in die „Islamische Konferenz“
1987 - Mubarak wird als einziger Kandidat mit 97 Prozent der abgegebenen Stimmen für eine zweite sechsjährige Amtszeit als Präsident bestätigt
1989 - Ägypten wird wieder zum Gipfel der Arabischen Liga eingeladen. Mubarak wird außerdem für ein Jahr zum Vorsitzenden der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) gewählt.
1991 - Ägypten beteiligt sich mit rund 35 000 Soldaten an der Operation „Desert Storm“ (Wüstensturm) unter Führung der USA an der Befreiung Kuwaits.
Oktober 1993 - Mubarak wird in einem Referendum für eine dritte Amtszeit bestätigt.
26.06.1995 - Attentat auf Mubarak während eines Besuchs in Addis Abeba. Der Präsident bleibt in seiner gepanzerten Limousine unversehrt.
1999 - Mubarak wird mit 93,8 Prozent der Stimmen für eine vierte Amtszeit bestätigt.
2000 - In Kairo kommen mehr als 30 Staats- und Regierungschefs der EU und der OAU zu einem Gipfeltreffen zusammen.
07.09.2005 - Bei der ersten Präsidentenwahl mit mehreren Kandidaten bekommt Mubarak nach offiziellen Angaben 88,5 Prozent der Stimmen. Bei der Parlamentswahl im Dezember gewinnen Vertreter der verbotenen Muslimbrüder als unabhängige Kandidaten rund 20 Prozent der Sitze. Gewalttätige Übergriffe der Polizei auf Oppositionelle.
2010 - Die erste Runde der Parlamentswahlen am 28. November wird von wichtigen Teilen der Opposition, die zweite Runde am 5. Dezember von fast der gesamten Opposition boykottiert. Mubaraks Staatspartei NDP holt 420 von 518 Sitzen, der Rest geht an sogenannte Unabhängige und Kleinstparteien.
Januar 2011 - Beginn der Massenproteste gegen Mubarak
29.01.2011 - Mubarak tauscht die Regierung aus und ernennt erstmals einen Vizepräsidenten, den bisherigen Geheimdienstchef Omar Suleiman. Luftfahrtminister Ahmad Schafik wird Ministerpräsident.
10.02.2011 - Mubarak gibt einen Teil seiner Amtsvollmachten an Suleiman ab.
11.02.2011 - Vizepräsident Suleiman gibt den Rücktritt Mubaraks bekannt.
(dpa)
Bildmaterial: afp, dapd, dpa, F.A.Z., REUTERS