Die Fraktion der europäischen Volkspartei und europäischer Demokraten haben den vietnamesischen Pfarrer Nguyễn Văn Lý erneut für den EU-Menschenrechtspreis Sacharow 2010 nominiert. Zurzeit lebt der halbkörpergelähmte Pfarrer Lý provisorisch im Seniorenheim der Erzdiözese im Rahmen einer medizinischen Behandlung. Wegen der „Propaganda“ gegen den Staat, gemäß Artikel 88 des Strafgesetzbuches, wurde der heute 64jährige katholischer Priester am 30. März 2007 wiederum zu acht Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er erst drei Jahre verbüßt hat. Dies wird die vierte Zeitspanne in zwei Jahrzehnten als Gefangener aus Gewissensgründen sein.
Pfarrer Nguyễn Văn Lý ist ein friedlicher Kritiker der vietnamesischen Behörden seit den späten 70iger Jahren. Er ist ein Gründungsmitglied des „Block 8406“, der am 8. April 2006 (=8406) eine online Petition „Manifest für Freiheit und Demokratie in Vietnam“ verbreitete, unterzeichnet von 118 Demokratie-Aktivisten, die zu friedlichem politischen Wandel und Respekt der Menschenrechte in Vietnam aufrief.
Neben ihm wurden neun andere Personen in diesem Jahr für den Preis vorgeschlagen. Alle nominierten Personen und Organisationen, die ihr Leben trotz eventueller Inhaftierung und Terrorisierung mit Leib und Seele gefährden, haben jahrelang für die Forderung und Achtung der grundlegenden Rechte gekämpft.
Laut Verfahren darf jede Fraktion den Nominierungsantrag mit der Benennung ihrer Kandidaten an das Europäische Parlament stellen. Der Bund der europäischen Volkspartei und europäischer Demokraten haben in diesem Jahr drei Kandidaten vorgeschlagen. Seit der Machtergreifung der Kommunisten am 30. April 1975 kämpft Pfarrer Lý für die Meinungsfreiheit und Menschenrechte in seinem Land. Pfarrer Nguyễn Văn Lý hat für seinen Einsatz für größere Achtung der Menschenrechte in Vietnam bereits rund 17 Jahre im Gefängnis verbracht, gefolgt von mehreren Jahren Hausarrest. Neben Pfarrer Lý sind noch Fariñas aus Kuba und das Hilfswerk Opens Doors für den Sacharow-Preis nominiert. Opens Doors ist eine christliche Organisation, die sich für die verfolgten Christen in 50 Ländern einsetzt.
Der von zahlreichen Hungerstreiks gesundheitlich angeschlagene kubanische Dissident und Gegner des Castro Regimes, Guillermo Fariñas, wurde ebenfalls für den Sacharow-Preis vorgeschlagen. Fariñas, der aus Protest gegen die Politik der kommunistischen Regierung auf der Karibikinsel Kuba seit 1995 mehr als 20 Mal in den Hungerstreik getreten war, zeigte sich über die Nominierung erfreut und gleichzeitig überrascht.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit (auch EU-Menschenrechtspreis genannt) wird seit 1988 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen.
Er ist nach dem Friedensnobelpreisträger Andrei Sacharow, dem maßgeblichen Erfinder der Wasserstoffbombe, benannt. Sacharow gehörte zu den Dissidenten und Regime-Kontrahenten der diktatorischen Sowjetunion.
Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert und wird jährlich im Dezember in Straßburg/Frankreich verliehen.