Dankbar für eine gelungene Flucht: Paul Tran Cong Khai (links), sein Cousin Joachim Tran Khac Lap und Maria Pham Tuyet kümmern sich um die Gottesmutter-Statue für eine Prozession am Samstag in Marienfried. Fotos: Andreas Brücken
Schon als fünfjähriger Bub musste er mit seinen Eltern vor dem kommunistischen Regime in Nordvietnam fliehen. Seine Eltern waren Bauern und damit Zielscheibe der Bodenreform, der sogenannten „cai cach ruong dat“. Die kommunistische Regierung wollte den gesamten Landbesitz unter ihre Verwaltung bringen. Die Folge war eine Massenflucht in den freien Süden. „Die Kommunisten töteten jeden, der mehr als 1000 Quadratmeter Land besaß“, erzählt Joachim Tran. Auch seine Eltern fürchteten um ihr Leben und schlossen sich dem Flüchtlingsstrom an.
Doch 1975 eroberten die Kommunisten auch Südvietnam. Wieder wurde die Familie verfolgt. „Wir waren Christen und Landesflüchtige“, erklärt Tran. Seinen Cousin, Paul Tran Cong Khai, steckten die Kommunisten in ein Umerziehungslager: „Es gab wenig zu essen und zu trinken, aber die Gefangenen mussten den ganzen Tag hart arbeiten“, so Tran. Als Student blieb ihm die Tortur erspart. Nach dem Gefängnis unternahm Paul Tran mehrere Fluchtversuche, doch erst der siebte Anlauf klappte.
Auch Joachim Tran sah sich gezwungen, das Land zu verlassen. Mit seiner Frau und seinen Eltern wagte er ein gefährliches Unterfangen: übers Meer mit einem Fischerboot, das nur 13 Meter lang und vier Meter breit war. Das Boot war nur für Flüsse geeignet, nicht für den Ozean, sagt Tran. Auch einen Kompass hatten die Flüchtenden nicht. „Es war uns egal, was blieb uns schon übrig“, erinnert sich Tran. „Ansonsten wären wir der Regierung in die Hände gefallen.“ Besonders grausam für Tran: Er musste seinen sechs Monate alten Sohn bei seinen Schwiegereltern zurücklassen. „Unser Baby hätte die Flucht nicht überlebt.“
Eigentlich wollten die Vietnamesen nach Thailand oder auf die Philippinen, als sie Anfang Mai 1977 aufbrachen. Doch es kam anders: Viele Tage irrten sie auf dem Ozean umher, ohne zu wissen, ob sie jemals wieder Land erblicken würden. Schließlich strandeten sie auf der kleinen japanischen Insel Okinawa. „Dort war keine Menschenseele“, so Tran. Nur durch Glück bemerkte sie ein Schiff aus der Schweiz und nahm sie mit nach Japan.
Fünf Monate verbrachten sie dort in einem Flüchtlingslager. „Wir haben nur gewartet, ohne zu wissen, wie es weitergeht“, sagt Tran. Nur dem Polizeiausweis seines Vaters verdankten sie es, dass sie nicht nach Vietnam zurückgeschickt wurden.
Im Oktober durfte die Familie endlich ausreisen und kam über die Schweiz in die Stadt Langenargen in Baden-Württemberg, wo ein Onkel von Joachim Tran lebte. Das glückliche Ende ihrer Flucht: Im Jahr 1980 konnten sie ihren Sohn zu sich holen. Zum Dank für die gelungene Flucht feiern die Trans jedes Jahr eine Messe in Marienfried. Dort gefällt es den Vietnamesen: „Wir suchten auch in München und Augsburg nach einem Platz.“
Augsburger Allgemeine