Die Vietnamesen  müssen sich ab Dienstag auf Stromausfälle gefasst machen. Der  stellvertretende Energieminister Hoang Quoc Vuong bestätigte am Montag  indirekt Medienberichte, wonach die Elektrizitätszufuhr wegen akuter  Versorgungsengpässe gedrosselt werden könnte: "Wenn Strommangel  herrscht, muss die Stromzufuhr eingeschränkt werden", sagte Vuong der  Nachrichtenagentur Bloomberg. Laut einem Bericht der staatlichen Zeitung  "Vietnam News" ist das Elektrizitätsnetz überlastet, weil der staatlich  kontrollierte Strompreis dem Betreiber keinen Raum für Investitionen  ließ. 
Der drohende Blackout  ist symptomatisch. Denn die sozialistische Regierung hat in den  vergangenen Jahren nicht nur die Stromversorgung auf Pump finanziert.  Das Wirtschaftswachstum von fünf bis sechs Prozent pro Jahr beruhte vor  allem auf Investitionen aus dem Ausland, Tourismus und einer zuletzt  auch durch Konjunkturprogramme gestützten Binnennachfrage. Auf dem  Weltmarkt war Vietnam, das sich gern als kleines China darstellt,  weitaus weniger erfolgreich. 
Das   Handelsbilanzdefizit des Landes belief sich im vergangenen Jahr auf 12,4  Mrd. Dollar, das entspricht rund zwölf Prozent des vietnamesischen  Bruttoinlandsprodukts. Gleichzeitig schrumpfte die Devisenreserve  zusammen: Ende 2010 belief sie sich nach Aussagen des  Planungsministeriums von der vergangenen Woche noch auf "mehr als 10  Mrd. Dollar", ein Jahr zuvor waren es noch 16 Mrd. Dollar gewesen.
Vor  diesem Hintergrund zog die Zentralbank am Freitag die Reißleine: Mit  einer Abwertung des Dong um gut acht Prozent will sie das das  Handelsbilanzdefizit verringern. Die Schwächung des Dong soll  vietnamesische Produkte auf dem Weltmarkt billiger und damit attraktiver  machen. Gleichzeitig werden Importe für die vietnamesische Wirtschaft  teurer. Am Montag fiel der Dong auf ein Rekordtief, ein Dollar kostete  bei Handelsschluss in Hanoi nur noch 20.900 Dong. Vor der Abwertung  mussten für einen Greenback rund 2000 Dong weniger gezahlt werden.
Inflationsrate von über zwölf Prozent
Die  Schwächung der vietnamesischen Währung bedeutet aber auch ein  steigendes Inflationsrisiko, weil die Unternehmen die höheren Kosten für  die Einfuhr ausländischer Waren auf die Verbraucher umlegen könnten.  Die Lebenshaltungskosten sind in den vergangenen zwölf Monaten bereits  um 12,2 Prozent gestiegen. Auch eine Zinserhöhung durch die Zentralbank  im November konnte den Preisauftrieb nicht stoppen.
Die  einzige Hoffnung für die Vietnamesen ist, dass die Abwertung des Dong  nicht viel ändert. Denn praktisch passte sich die Zentralbank mit ihrem  jüngsten Schritt dem inoffiziellen Wechselkurs an, der für die meisten  Geschäfte maßgeblich ist. Der Dollar wird in weiten Teilen Vietnams als  Parallelwährung genutzt und ist in zahlreichen Wechselstuben unter dem  offiziellen Kurs erhältlich. "Der neue Wechselkurs galt für die meisten  Transaktionen zwischen Unternehmen schon seit vier Monaten. Deshalb  glauben wir, dass die Abwertung keine größeren volkswirtschaftlichen  Folgen haben wird", schrieb die Fondsgesellschaft Dragon Capital in  einer Analyse.
Falls die  Investmentprofis recht behalten, wird die Abwertung allerdings auch das  Handelsbilanzdefizit nicht schmälern. Das wäre gefährlich für Vietnam,  denn angesichts schwindender Devisenreserven steigt das Risiko, dass das  Land die Rechnungen für Importe nicht mehr zahlen kann. Die großen  Ratingagenturen Fitch, Moody's  und Standard & Poor's haben die Kreditwürdigkeit Vietnams bereits herabgestuft.
Zumindest  die Finanzierung des Stromnetzes will die Regierung künftig offenbar  auf eine solidere Basis stellen: Laut der englischsprachigen Zeitung  "Vietnam News" sollen die Strompreise im März um 15 Prozent erhöht  werden.
Nguồn: Financial Times Deutschland 
 
 
 