Düsseldorf (RP). Die Eltern arbeiten in Asia-Imbissen, Gemüseläden oder Nagelstudios, die Kinder fallen mit glänzenden Schulnoten an Gymnasien auf. Keine andere Einwanderergruppe in Deutschland hat in der Schule zurzeit mehr Erfolg als die vietnamesische: Laut amtlicher Schulstatistik besuchen zurzeit 59 Prozent der vietnamesischen Schüler ein Gymnasium – damit sind sie erfolgreicher als deutsche Kinder (43 Prozent).
Im Vergleich zu ihren  Alterskollegen aus türkischen oder italienischen Familien liegt die  Gymnasialquote bei den Vietnamesen fünfmal so hoch. Damit sorgen  vietnamesischstämmige Kinder für ein neues Bild von Kindern mit  Migrationshintergrund in der Integrations- und Bildungsdebatte.
"Vietnamesische Eltern", sagte der  Erziehungswissenschaftler Olaf Beuchling im Interview mit der "Welt",  "sind sehr bildungsbewusst und setzen ihre Kinder unter hohen  Leistungsdruck." Der Professor an der Universität Leipzig beschäftigt  sich mit vergleichender Bildungsforschung und geht seit Jahren dem  Schulerfolg von Vietnamesen nach. Hinter den Überfliegern an der Schule,  sagt der Pädagoge, würden Eltern stehen, die den Nachwuchs antreiben:  "Bildung hat in Vietnam einen ganz anderen Stellenwert als in  Deutschland. Wer gebildet ist, hat etwas erreicht, er steigert das  Prestige seiner Familie." Aus Interviews mit vietnamesischen Schülern  wisse er aber, dass sie – wie auch chinesische – Probleme mit dem großen  Druck hätten. Einige würden deshalb sogar zum Psychologen gehen.
Zurzeit leben rund 100 000 Vietnamesen in Deutschland,  viele von ihnen kamen nach dem Sieg des kommunistischen Nordens Ende  der 70er Jahre in die Bundesrepublik. Wegen ihrer Sprachprobleme blieb  vielen nichts als die Selbstständigkeit. Etwa mit Gemüse- oder  Blumenläden. Am Leben in der deutschen Gesellschaft nehmen sie bis heute  kaum teil.
Der Schulerfolg ihrer Kinder stellt nun eine Reihe von  vermeintlichen Wahrheiten in der Integrationsdebatte infrage. So  widerlege das vietnamesische Beispiel, dass Bildungsarmut stets soziale  Ursachen habe, sagt Beuchling. Auch die These, dass Migranteneltern  selbst gut integriert sein müssten, damit ihr Nachwuchs in der Schule  zurechtkommt, treffe auf Vietnamesen nicht zu.
 

