Sydney - Der US-Präsident fand deutliche Worte: "Wir sind hier, und
wir werden hier bleiben", sagte Barack Obama während einer Rede vor dem
australischen Parlament in Canberra. Vor dem 19. Gipfeltreffen der
Südostasiatischen Staatengemeinschaft (Asean) in Indonesien umriss der
amerikanische Staatschef damit die Strategie seines Landes für den
pazifischen Raum - militärisch wie wirtschaftlich wollen die USA ihren
Einfluss in der Boom-Region ausbauen.
"Ich habe eine strategische Entscheidung getroffen: Als Pazifiknation
werden die USA eine größere und langfristigere Rolle in der Gestaltung
dieser Region und ihrer Zukunft spielen", so Obama in der australischen
Hauptstadt. Der Präsident war am Mittwoch zu seinem mehrfach kurzfristig
verschobenen Besuch in Australien eingetroffen und wird von dort nach
Indonesien weiterreisen. Die USA sind erstmals zu einem
Gedankenaustausch mit den Asean-Staaten und ihren Partnern in der Region
eingeladen, darunter China und Japan.
Die US-Präsenz in der Gegend habe in seiner Regierung oberste
Priorität, betonte Obama während seiner Ansprache mehrfach. Jegliche
Reduzierungen der Ausgaben seines Landes für Verteidigung würden nicht
auf Kosten dieses Ziels erfolgen. Da außer der Mehrheit der globalen
Atommächte auch "rund die Hälfte der Menschheit" in Asien beheimatet
sei, werde die Region "in hohem Maße bestimmen, ob das kommende
Jahrhundert von Konflikt oder Zusammenarbeit, unnötigem Leid oder
menschlichem Fortschritt gekennzeichnet sein wird", sagte Obama.
Sorge über wachsende Macht Chinas
Zuvor hatte der Präsident am Mittwoch den Ausbau der US-Militärkräfte
auf dem australischen Kontinent angekündigt. Bis Mitte 2012 werden
Militärflugzeuge und bis zu 2500 Mann, darunter viele Elitesoldaten der
Marines, nach Darwin in den Norden des Kontinents verlegt. Die Marines
sollen alle sechs Monate rotieren. Sie könnten in kürzester Zeit
Hilfsaktionen starten oder auf Sicherheitsaspekte in der Region
reagieren, erläuterte er. Die Stadt ist nur 820 Kilometer von Indonesien
entfernt.
Vertreter beider Seiten haben betont, dass die Vereinbarung keine
dauerhafte US-Präsenz oder einen Militärstützpunkt in Australien
schaffe. Ziel sei ein Signal, dass die USA und Australien im Angesicht
jeglicher Gefahr zusammenhielten, sagte US-Verteidigungsminister Leon
Panetta. Australiens Premierministerin Julia Gillard erklärte, der
Schritt werde die Zusammenarbeit beider Länder in der Region stärken.
Beobachter werteten den Beschluss als Zeichen der Besorgnis über ein
zunehmend robustes Auftreten Chinas. Vor allem Länder wie Japan und
Südkorea hatten sich in der Vergangenheit für ein stärkeres Engagement
der USA in der Region ausgesprochen. Obama betonte zwar, die USA
fürchteten China nicht. Auch wolle Washington das Land nicht von seinen
Wirtschaftsbündnissen im asiatisch-pazifischen Raum ausschließen. Doch
erwarteten die USA, dass China die Verpflichtungen anerkenne, die es mit
sich bringe, eine Weltmacht zu sein. Das chinesische Außenministerium
äußerte Zweifel an der Notwendigkeit weiterer US-Truppen in der Gegend.
Zusammenarbeit mit Peking - Abkehr von Europa
Seit dem Zweiten Weltkrieg halten die USA Militärbasen in Japan und
Südkorea. Mit der Nutzung von Militäranlagen in Australien soll nun auch
eine Präsenz im südlichen Teil der Großregion gewährleistet sein. Das
Südchinesische Meer ist auch für die USA eine wichtige Handelsregion,
doch China hält es für seinen Einflussbereich und will keine Einmischung
Washingtons dulden. "China ist zum größten Handelspartner der meisten
Länder in der Region geworden und hat amerikanischen Einfluss
untergraben", heißt es in der "New York Times".
In seiner Rede vor dem Parlament sagte Obama, die USA würden sich um
weitere Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit Peking bemühen, darunter
eine bessere Kommunikation zwischen den Streitkräften beider Länder.
Dadurch sollte ein besseres Verständnis gefördert und Fehlkalkulationen
vermieden werden.
Der US-Fokus auf die Staaten des Pazifikraums könnte im Umkehrschluss
eine Abschwächung der US-Handelsbeziehungen mit Europa bedeuten. Schon
lange blicken Investoren und Großkonzerne mit Sorge über den Atlantik.
Laut "Wall Street Journal" besteht ein Hauptziel der neuen Strategie
darin, "die Achse von Europa in die asiatisch-pazifische Boom-Region zu
verlegen".