Landgericht Chemnitz verurteilte am Mittwoch zwei Vietnamesen
 Aue/Chemnitz. Hin Van H. ringt mit der Fassung. Und  verliert den Kampf. Nicht wegen der Gefängnisstrafe von zwei Jahren und  acht Monaten, zu der ihn die Richterin am Chemnitzer Landgericht am  Mittwoch verurteilt hat. Der 23-jährige Vietnamese wird auch in seine  Heimat abgeschoben. Und muss dort seiner Großmutter unter die Augen  treten, die extra ihr Haus verkauft hatte, damit ihr Enkel in  Deutschland sein Glück machen kann. Als Krimineller kehrt er nun zu ihr  zurück. "Ich schäme mich sehr", sagt der schmächtige junge Mann.
  Hin Van H. hatte gemeinsam mit dem Mitangeklagten Anh Dung T. von Ende  Mai bis Ende Juni 2010 in einem Haus an der Auer Eisenbahnstraße eine  Hanfplantage mit fast 800 Pflanzen betrieben. Bis Zoll und Polizei die  ehemalige Schreinerei stürmten und die beiden Vietnamesen festnahmen.
  Der 23-Jährige war der Handlanger des kriminellen Duos, der 39-jährige  Anh Dung T. sein Vorarbeiter. Dieser muss für drei Jahre ins Gefängnis  und wird wohl ebenfalls abgeschoben. Der Ältere nahm die Strafe  allerdings deutlich gefasster entgegen, als sein Komplize. Schwedische  Gardinen sind für ihn allerdings auch nichts Neues. Er saß bereits ein.  Ende der 1990er-Jahre hatte Anh Dung T. Ausländer nach Deutschland  eingeschleust. Quasi als Nebenerwerb. Hauptberuflich betrieb der  Vietnamese damals einen Imbiss.
 Zeugen wurden ausgeladen
  Beide hatten ein umfassendes Geständnis abgelegt. Aus diesem Grund  wurden alle Zeugen am Mittwoch wieder ausgeladen. Schade eigentlich! So  hätte unter anderem der Eigentümer des Hauses aussagen sollen. Wie viel  er von den Geschehnissen in seinem Anwesen wusste, wäre sicherlich ein  spannendes Thema gewesen.
  Allerdings ist es durchaus denkbar, dass das am Mittwoch zu Ende  gegangene Verfahren nicht das letzte gewesen ist, welches sich um das  baufällige Haus dreht. Als Zoll und Landeskriminalamt am 29. Juni die  Plantage aushoben, fanden sie in dem Gebäude sowohl Reste von früheren  Ernten als auch Technik vom Feinsten. 1000-Watt-Strahler, Filter- und  Belüftungsanlagen und vieles mehr wurden sichergestellt. Für Anh Dung T.  und Hin Van H. war dies alles definitiv eine Nummer zu groß. Beide  hatten vor Gericht über einen geheimnisvollen Hintermann berichtet.  Dieser soll das Gebäude vorbereitet und den beiden erklärt haben, wie  man die kleinen Cannabisgewächse pflanzt, düngt, hegt und pflegt. Die  Setzlinge, so die Aussage von Anh Dung T., wurden überdies aus Holland  gebracht.
 Jagd auf die Hintermänner
  Dies alles spricht für eine größere Organisation, in der die beiden am  Mittwoch Verurteilten wohl nur kleine Rädchen waren. Möglicherweise hat  die Staatsanwaltschaft nun zur Jagd auf größeres Wild geblasen. Munition  liefern ihnen sicherlich die Aussagen von Hin Van H. und Anh Dung T..  Letzterer, so die Richterin, habe zumindest Aussagen gemacht, "die  außerhalb dieses Verfahrens liegen". Er müsse deshalb möglicherweise  sogar mit Repressionen rechnen, ergänzte sie.
 
  Von Gunter Niehus
 
