"Hèn mà còn nhận ra mình là thằng hèn, là hèn tử tế. Hèn mà ngậm miệng ăn tiền là hèn nhơ bẩn.
Hèn mà ngậm máu phun người là hèn bất nhân. Hèn bán đất bán nước thì trời tru đất diệt"
(Phạm Chuyên)

Dienstag, 4. Januar 2011

Was Vietnamesen nach ihrer unfreiwilligen Rückkehr aus Deutschland in ihrer Heimat erleben

HANOI - Es ist der Tag zwei nach seiner Abschiebung aus Deutschland. Nguyen sitzt im Café Goethe, dem Innenhof des Hanoier Goethe-Institutes. Der 23-Jährige, der älter wirkt, will einen Kaffee bestellen. „Ich bin immer noch müde vom Flug“, sagt er.
Zwei Nächte hintereinander hat er kaum geschlafen. Mit 45 anderen vietnamesischen Landsleuten wurde er kürzlich mit einer Aeroflotmaschine aus Berlin ausgeflogen. Die Nacht endete um 4 Uhr morgens, weil die Bundespolizei die Leute so früh zum Flughafen brachte. Die zweite Nacht verbrachte er im Flugzeug. Und ihm fehlen sechs Stunden Zeit. Wegen der Zeitverschiebung.

Der Kellner bringt die Speisekarte. Es liegt Jahre zurück, dass Nguyen etwas in seiner Muttersprache bestellte. Das Restaurant des Goethe-Instituts hat allerlei Kaffeesorten im Angebot. Nguyen studiert das mehrsprachige Angebot aufmerksam, kann sich nur schwer entscheiden.

Unter anderem die Flüchtlingsräte von Berlin und Brandenburg hatten kürzlich vor dem Flughafengebäude in Schönefeld (Dahme-Spreewald) gegen die Abschiebung protestiert, mit Transparenten und Trommeln. Davon hat Nguyen aber nichts mitbekommen. „Ich habe gesehen, dass es schneit“, erinnert er sich. „Und ich habe im Bus gesagt, seht noch mal aus dem Fenster! Schnee werden wir wahrscheinlich nie wieder sehen in unserem Leben.“
Dabei galten die Proteste in besonderem Masse seiner eigenen Abschiebung. Nguyen hat sich in Deutschland an Hepatitis C infiziert. Die Krankheit ist noch nicht ausgebrochen. Sie kann in zwei Wochen ausbrechen oder erst in 20 Jahren. Das weiß niemand genau. Dann braucht er Medikamente, die es in Vietnam nicht gibt und die er nicht bezahlen könnte, wenn sie aus dem Ausland kommen. Wer in Vietnam krank ist, muss selbst zahlen.

Wie fast alle vietnamesischen Asylbewerber hatte er sein Heimatland nicht wegen politischer Verfolgung 
verlassen, sondern weil er der Armut und Perspektivlosigkeit in seinem mittelvietnamesischen Dorf entkommen wollte. Die Region, in der Nguyen lebt, ist in besonderer Weise vom Klimawandel betroffen. Reis gedeiht nicht mehr, weil der Boden versandet und versalzt. Viele Familien schicken einen Ernährer ins Ausland. Nach Taiwan, Malaysia und Südkorea entsendet der vietnamesische Staat Vertragsarbeiter. Nach Europa geht es zumeist illegal mit Schlepperbanden. Wer es schafft, und das klappt in Europa meist nur auf kriminellem Weg wie etwa durch den Verkauf unversteuerter Zigaretten, gilt als erfolgreich.

Auch Can, ein Mitdreißiger, der mit Nguyen in der Abschiebemaschine saß, hatte unversteuerte Zigaretten verkauft. Deutsch hatte er nie gelernt. Anders als Nguyen war er froh über die Rückkehr nach Vietnam. In Deutschland war er nie angekommen. Nach zwei Jahren Zigarettenverkauf hatte er die Schlepperschulden abgezahlt. „Dann wollte ich nach Hause. Aber die vietnamesischen Behörden haben noch länger als ein Jahr gebraucht, um mich wieder aufzunehmen“, ärgert er sich. Can sagt offen, dass es ein Fehler war, nach Deutschland zu kommen. Jetzt ist er zufrieden. „In Vietnam ist es nicht so kalt. Und ich sehe meine Frau wieder und meine Töchter.“
Kurz nach seiner Ankunft hat Can im Radio eine Sendung der Regierung gehört, in der vor Betrug durch Schlepperbanden gewarnt wurde. Wäre er nicht nach Deutschland gekommen, wenn er das eher gehört hätte? „Ich glaube nicht. Die Rückkehrer aus Europa kommen doch nicht mit leeren Händen. Sie waren mir Vorbild. Unter welchen Bedingungen sie ihr Geld verdienten, hat mir niemand erzählt.“

Von dem Geld, das er nach Abzahlung der Schlepperschulden der Familie geschickt hat, hat diese ein Motorrad gekauft. „Ich werde nach Hue oder Hoi An ziehen.“ Die Städte liegen südlich seines Heimatdorfes und profitieren vom Tourismus. „Ich will Motorradtaxi fahren“, sagt er. Und vermutlich wird er auch kaum einem Landsmann erzählen, dass er in Deutschland immer auf der Hut vor der Polizei und der Zigarettenmafia war und im Winter beim Zigarettenverkaufen bitter gefroren hat.

Nguyen hat keinen solchen Plan. 10 000 geliehene Dollar hatten Nguyens Eltern für den Transfer nach Europa gezahlt. Dazu kam Geld, das die Schlepperbanden von ihm erpressten, als sie ihn auf dem Weg nach Deutschland in Polen in einem Erdbunker festhielten. Als Nguyen endlich in Berlin war, klaute er. „Ich stand unter Druck. Die Bande hätte sonst das Leben meiner Eltern bedroht.“

Man glaubt dem höflichen Mann, dass ihm das Klauen nicht liegt. Aber die Diebstähle blieben nicht unbemerkt. Nguyen musste ins Gefängnis – für zwei Jahre. Dort soll er sich Hepatitis C geholt haben. Laut dem Berliner Seelsorger Ludger Hillebrand legt die Krankenakte des Mannes diese Version nahe: Bei der Einlieferungsuntersuchung war er noch gesund, ein Jahr später wurde Hepatitis C diagnostiziert.
55 Euro hat er – wie jeder vietnamesische Abzuschiebende in Berlin – von der Bundespolizei ausgezahlt bekommen. Das Geld ist für die Weiterreise von Hanoi in den Heimatort gedacht. Nguyen hat keine Heimat mehr. Das Haus der Familie, in einem Dorf mehr als 100 Kilometer südlich von Hanoi, musste einer Straße weichen. Er ist bei einem Cousin in Hanoi untergekommen. Kostenlos. Vier Euro hat eine vietnamesische Prepaidcard gekostet. Die steckt jetzt in seinem deutschen Handy. Vier Euro kostete die Fahrt mit dem Motorradtaxi ins Goethe-Institut. Vom Flughafen hat ihn der Cousin abgeholt. Die Fahrt zu seinen Eltern mit Reisebus und Motorradtaxi, die er eine Woche später antrat, verschlang fast 40 Euro.

„Ich habe noch keine Idee, was ich arbeite“, sagt er. „Aber ich muss arbeiten, um Geld zu verdienen.“ Bauhelfer wäre eine Variante. Darin hat er Erfahrung. Überall in Vietnam sieht man eine Baustelle an der anderen. Überall, außer in Zentralvietnam, wo seine Eltern wohnen. „Aber ich kenne doch niemanden, der mir einen Job geben könnte.“ Er kennt auch niemanden, den er bitten könnte. Denn wer aus Europa zurückkehrt und als Bauhelfer anheuert, ein Job, mit dem man einen Euro pro Tag verdient, gilt als Versager.

Zwei Wochen später. Nguyen ist bei den Eltern. Er musste in den Dörfern der Umgebung allen Verwandten einen Besuch abstatten. Natürlich habe ich nicht gesagt, dass ich mit leeren Händen gekommen bin und jetzt für immer in Vietnam lebe“, sagt er. Was hätten die Verwandten von ihm gedacht? „Ich wäre ja der einzige gewesen, der aus einem reichen Land ohne was zurückkommt.“ 

Die 55 Euro aus Deutschland sind verbraucht. „Mein Cousin muss mir in Hanoi einen Job suchen. Dort kenne ich nur ihn und ich verliere nicht mein Gesicht vor den anderen Verwandten.“ 

Von Marina Mai

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